Seelenrückverbindung



Ihr habt sicher schon einmal davon gehört, dass ein Schamane für seine Klienten auf die Reise geht, um verloren gegangene Anteile ihrer Seele zurückzuholen. Für manche unter euch mag sich solch ein Prozess seltsam anhören - für mich auch. Ich werde euch auch gleich erklären weshalb.

Lasst uns aber erst eimal einen Blick auf den Begriff Seele werfen. Was bedeutet Seele überhaupt? Zunächst einmal ist der Begriff etwas Urdeutsches und stammt vermutlich vom altgermanischen "saiwolo" (= vom ewigen See her kommend). Es gab bei unseren Urahnen den Glauben, dass es einen unsterblichen und nicht-materiellen Anteil gibt, der vor der Geburt und nach dem Tod im Wasser existiert. Spannend, oder?

Es gibt einen griechischen Begriff dazu: Psyche. Und einen lateinischen: Anima: Daher kommt auch die landläufige Bezeichnung von Psychologen als Seelenklempner.

Nicht alle Kulturen arbeiten mit dem Verständnis der Seele. Im Buddhismus beispielsweise spricht man vom Bewusstseinsstrom, der durch die Zeiten reist und hier und da im Körper reinkarniert, oder anders gesagt, ein Karma, das eine neue Existenz bedingt bzw. verursacht.

Selbst wenn in vielen Kulturen und Traditionen von der Seele die Rede ist, versteht man dort nicht immer das gleiche. Das wird verständlich, wenn man sich vor Augen führt, dass diese Kulturen ja eben nicht von der Seele sprechen, sondern ihre eigenen Begriffe für die damit zusammenhängenden Konzepte oder Modelle haben und wir zur Vereinfachung versuchen, diese Modellnamen in einen für uns verständlichen und zu unserem philosophischen Seelenkonzept passenden zu übersetzen. Auch unser philosophisches Konzept der Seele hat sich im Laufe der Geschichte gewandelt und mit den Philosophien anderer Traditionen vermengt. Je nach dem, zu welcher Glaubensrichtung oder Lebensphilosophie man sich zählt, ist dieses Modell anders ausgeprägt. In manchen Systemen kann die Seele in einem neuen Körper reinkarnieren, in anderen nicht. Manche Traditionen haben die Sichtweise, dass es unterschiedliche Anteile von Seelen, die bestimmte Aufgaben haben, die aber auch verloren gehen können.

Mein persönliches Modell sieht etwas anders aus. Für mich gibt es einen Geist, eine Psyche und eine Seele (und das Ego).
Die Seele ist für mich das Unteilbare, ein Teil im Menschen, der weder zerstört oder verletzt werden kann. Er steht in direktem Kontakt mit dem göttlichen, dem großen Geheimnis, der universellen Liebe, wie immer man dies bezeichnen mag. Für mich formt die Seele mithilfe der Informationen von Geist und Psyche den Körper. Sie enthält alle Informationen, die wir für unser Leben brauchen, wurde sie uns doch vom göttlichen mitgegeben.

Wie komme ich darauf? Auslösend war meine Facharbeit in Physik über das Prinzip der Holografie, eine spezielle Art der Fotografie, die Objekte dreidimensional abbildet. Das interessante daran ist, sie verhält sich völlig anders als ein herkömmliches Bild, oder besser gesagt ein Dia, denn so sieht das Hologramm zunächst aus. Allerdings kannst du nichts erkennen, wenn du wie durch ein Dia hindurchblickst.

Schneide ich ein Dia in der Mitte auseinander und durchleuchte es mit Licht, dann bilde ich auch nur noch diesen Teil des Dias auf der Leinwand ab. Anders das Hologramm. Lasse ich den Laserstrahl, der zur Aufnahme verwendet wurde, durch das Hologramm, dann erscheint das Objekt vor oder hinter dem Hologramm-Dia weiterhin dreidimensional und vollständig. Ich kann das Hologramm bis zum kleinsten Teil zerschneiden und werde dann trotzdem noch immer das vorher aufgebommene Objekt vollständig dreidimensional abgebildet bekommen. Nur mit jedem Schnitt wird das Bild ein Stück unschärfer. Eine schöne Metapher aus der Naturwissenschaft für das spirituelle Konzept der Seele. Wir alle tragen aus meoiner Sicht diesen "göttlichen Funken" in uns, nur eben leider sehr unscharf, aber immer mit der vollständigen Information, die nicht verloren gehen kann.

Diese Seele ist unzerstörbar, sie kann nicht krank werden und ihr kann auch kein Anteil verloren gehen. Was allerdings passieren kann ist, dass unser Kontakt zu ihr immer schwächer wird und irgendwann einmal abreißt. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Allerdings können wir den Kontakt zu ihr wieder herstellen, dafür müssen wir aber einiges tun. Bei den Buddhisten gibt es ein schönes Bild dazu, auch wenn sie das Konzept der Seele nicht verwenden: Durch beständige Arbeit an sich selbst Schicht für Schicht entfernen, bis die innere Buddha-Natur freigelegt ist. Dabei geht es nicht um den Menschen Buddha, Siddharta Gautama, durch dessen Entwicklung (Erleuchtung) der Name für diese spirituelle Philosophie vergeben wurde. Es geht vielmehr um die Erlangung dieses Zustands, der Erleuchtung, oder besser Verständlich, des Erkennens, des Gewahrwerdens. Wer seine Seele erkennt, bzw. ihr gewahr wird, erreicht Zugang zu grenzenloser Weisheit, Geborgenheit und Liebe. Diesen Status zu erreichen, gibt es unterschiedliche Wege. Jene, die mit Gewalt, Angst, Unterdrückung oder Dogmatismus arbeiten, sind in der Regel Irrwege.

Unsere Seele versucht auch beständig in Kontakt mit uns zu treten. Allerdings sind wir meist so sehr mit vielen anderen Dingen beschäftigt, die unsere Psyche, durch unseren Geist oder speziell unser Ego initiiert werden, dass wir die "leise" Stimme nicht vernehmen. Zudem haben wir verlernt, ihre Sprache zu verstehen. Jede Seele spricht mit ihrem Menschen auf ihre eigene Art und Weise. Und darauf müssen wir uns einlassen, wenn wir mit ihr in Kontakt sein wollen. Und so manches Unangenehme, das uns in unserem Leben widerfährt, resultiert daraus, dass wir unserer Seele nich tmehr zuhören, oder entgegen ihren Hinweisen handeln, wenn wir sie denn verstehen, weil unser Verstand zweifelt oder das Ego etwas anderes will.

Was hat es nun mit dem Rückholen verlorener Seelenanteile auf sich? Aus meiner Sicht sind das Anteile unserer Psyche, die hier zurückgehlt und wieder integriert werden. Aus unserer Psyche können sich durch bestimmte Erlebnisse Anteile abspalten, die man durch schamanische Reisen zurückholen kann. Das ist für mich auch deshalb passend, weil die beiden Begriffe Seele (im Deutschen) und Psyche (im Griechischen) zusammengehören. Hier hat sich also möglicherweise ein sprachliches Missverständnis ergeben.

Der große Gegenspieler der Seele ist nicht der Verstand, sondern das Ego. In meiner Philosophie ist das Ego die Summe aller Verletzungen und Traumata, die wir im Laufe des Lebens erlitten haben. Wie komme ich darauf? Sehe ich mir Menschen an und beobachte, wie sie ihr Ego agieren lassen, dann stellt sich sehr schnell die Vermutung ein, dass die Handlungen des Ego allein dazu dienen, verletzte innere Anteile, Schatten, selbstvermutete Defizite zu kompensieren. Natürlich ist das Ego ein wichtiger Treiber des Überlebens. Vielleicht erleben wir deshalb bei der Geburt unsere erste Traumatisierung, egal wie sanft die Geburt abläuft.

Kommen wir wieder besser in Kontakt mit unserer Seele, dann wird das Ego dadurch nicht ausgelöscht, aber seine Wünsche erhalten eine andere Qualität.